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Musterfeststellungsklage gegen die Stromio GmbH

Öffentliche Bekanntmachung einer Musterfeststellungsklage gemäß § 607 Absatz 1 ZPO

[++++ Änderungen nach der ersten öffentlichen Bekanntmachung sind gesondert hervorgehoben. Der geänderte Text ist kursiv dargestellt. ++++]

1. Allgemeine Verfahrensdaten

Bekanntmachung am: 26.07.2022

Gericht: Oberlandesgericht Hamm

Aktenzeichen: I-2 MK 1/22

2. Bezeichnung des Klägers

Kläger: Verbraucherzentrale Hessen e.V.

gesetzlicher Vertreter: Geschäftsführender Vorstand Philipp Wendt

Straße und Hausnummer: Große Friedberger Str. 13 - 17

PLZ und Ort: 60313 Frankfurt am Main

Land: Deutsschland


anwaltlich vertreten durch: Rechtsanwälte Tietze und Partner

Straße und Hausnummer: Bleichstr. 64 - 66

PLZ und Ort: 60313 Frankfurt am Main

Land: Deutschland

3. Bezeichnung des Beklagten

Beklagter: Stromio GmbH

gesetzlicher Vertreter: Geschäftsführer Ömer Varol

Straße und Hausnr.: Girmes-Kreuz-Str. 55

PLZ und Ort: 41564 Kaarst

Land: Deutschland


anwaltlich vertreten durch: Rechtsanwälte Wirth, Schmies und Partner

Straße und Hausnummer: Hohenzollernring 56

PLZ und Ort: 48145 Münster

Land: Deutschland

4. Feststellungsziele

I. Unwirksamkeit der zum 21.1.2021 durch die Musterbeklagte ausgesprochenen Kündigung

1. Es wird festgestellt, dass die durch die Musterbeklagte gegenüber ihren Kunden, die Verbraucher sind, zum 21.12.2021 rückwirkend ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist, soweit dies Kündigung mit der "fortlaufenden Entwicklung auf den Rohstoffmärkten" und der ihr - der Musterbeklagten - gegenüber erklärten Kündigung durch den jeweils zuständigen Übertragungsnetzbetreiber begründet wurde.

2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu 1. für unzulässig oder unbegründet hält:

a) Es wird festgestellt, dass die ''fortlaufenden Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten'' keinen außerordentlichen Kündigungsgrund i.S.v. § 16 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Musterbeklagten für die Lieferung von elektrischer Energie an Privatkunden sowie keinen, zur Kündigung berechtigenden wichtigen Grund i.S.v. § 314 Abs. 2 BGB darstellen.

und

b) Es wird festgestellt, dass die durch die jeweils zuständigen Übertragungsnetzbetreiber gegenüber der Musterbeklagten ausgesprochene Kündigung des Bilanzkreisvertrages keinen außerordentlichen Kündigungsgrund i.S.v. § 16 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Musterbeklagten für die Lieferung von elektrischer Energie an Privatkunden sowie keinen, zur Kündigung berechtigenden wichtigen Grund i.S.d. § 314 Abs. 1 BGB darstellt.

3. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu 1., die Hilfsanträge zu 2. und die Hilfsanträge zu 3. für unzulässig hält:
Es wird festgestellt, dass der Musterbeklagten unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist zugemutet werden kann.

[++++ Beginn: Text ergänzt mit Bekanntmachung vom 18.03.2024 ++++]
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 05.06.2023 den Antrag zu Ziffer I. 3. wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass der Musterbeklagten vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des jeweiligen Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist zugemutet werden kann.
[++++ Ende: Text ergänzt mit Bekanntmachung vom 18.03.2024 ++++]

II. Schadensersatzanspruch gegen die Musterbeklagte dem Grunde nach

1. Es wird festgestellt, dass den Verbrauchern, welchen die Musterbeklagte den bestehenden Stromlieferungsvertrag zum 21.12.2021 wegen der "fortlaufenden Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten" und der gegenüber der Musterbeklagten erklärten Kündigung durch den jeweils zuständigen Übertragungsnetzbetreiber rückwirkend gekündigt hat, ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der durch die automatische Übernahme der Stromversorgung durch den Grund- oder Ersatzversorger ab dem 22.12.2021 entstehenden Mehrkosten gegen die Musterbeklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB zusteht.

2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu 1. für unzulässig oder unbegründet hält:

a) Es wird festgestellt, dass den Verbrauchern, welchen die Musterbeklagte den bestehenden Stromlieferungsvertrag zum 21.12.2021 wegen der "fortlaufenden Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten" und der gegenüber der Musterbeklagten erklärten Kündigung durch den jeweils zuständigen Übertragungsnetzbetreiber rückwirkend gekündigt hat, ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der durch die automatische Übernahme der Stromversorgung durch den Grund- oder Ersatzversorger ab dem 22.12.2021 ein Anspruch gegen die Musterbeklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB zusteht.

[++++ Beginn: Text ergänzt mit Bekanntmachung vom 18.03.2024 ++++]
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 05.06.2023 den Antrag zu Ziffer II. 2. a. wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass den Verbrauchern, welchen die Musterbeklagte den bestehenden Stromlieferungsvertrag zum 21.12.2021 wegen der „fortlaufenden Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten“ und der gegenüber der Musterbeklagten erklärten Kündigung durch den jeweils zuständigen Übertragungsnetzbetreiber rückwirkend gekündigt hat, aufgrund der durch die Musterbeklagte begangenen Verletzung ihrer Hauptleistungspflicht, der jeweiligen Strombelieferung, ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der durch die automatische Übernahme der Stromversorgung durch den Grund- oder Ersatzversorger ab dem 22.12.2021 ein Anspruch gegen die Musterbeklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB zusteht.
[++++ Ende: Text ergänzt mit Bekanntmachung vom 18.03.2024 ++++]

b. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte die
Pflichtverletzung nach Ziffer a.) gemäß § 276 Abs. 1 BGB zu vertreten hat.

c. Es wird festgestellt,
dass den Verbrauchern, welchen die Musterbeklagte den bestehenden Stromlieferungsvertrag zum 21.12.2021 wegen der "fortlaufenden Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten" und der gegenüber der Musterbeklagten erklärten Kündigung durch den jeweils zuständigen Übertragungsnetzbetreiber rückwirkend gekündigt hat, ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der durch die automatische Übernahme der Stromversorgung durch den Grund- oder Ersatzversorger ab dem 22.12.2021 ein Anspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB zusteht, sofern der Bezug von Strom nur zu einem höheren Preis als nach dem mit der Musterbeklagten vereinbarten Tarif möglich war.

III. Einwendungen

1. Es wird festgestellt, dass die „fortlaufenden Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten“ keine schwerwiegende Störung der Geschäftsgrundlage des Stromlieferungsvertrages der Verbraucher i.S.d. § 313 Abs. 1 BGB darstellen.

und

Es wird festgestellt, dass die gegenüber der Musterbeklagten erklärte Kündigung durch den jeweils zuständigen Übertragungsnetzbetreiber, keine schwerwiegende Störung der Geschäftsgrundlage des Stromlieferungsvertrages der Verbraucher i.S.d. § 313 Abs. 1 BGB darstellt.

2. Es wird festgestellt, dass der Weiterbezug von Strom über die Grund- und Ersatzversorgung seitens der zum 21.12.2021 gekündigten Verbraucher keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB darstellt.

5. Kurze Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts

Der Musterkläger ist die Verbraucherzentrale Hessen e.V., welcher die Voraussetzungen des § 606 Abs. 1 S. 2 erfüllt, und die Musterfeststellungsbeklagte ein Energielieferant ohne eigenes Stromnetz.

Bei der Musterbeklagten handelte es sich um eine Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB. Bei den Kunden handelte es sich nach Angaben des Musterklägers ausschließlich um Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.
Der Musterkläger begehrt im Rahmen der Musterfeststellungsklage gem. § 606 ZPO die Feststellung, dass die durch die Musterfeststellungsbeklagte ausgesprochene Kündigung der Musterbeklagten unwirksam ist und den gekündigten Verbrauchern gegen die Musterbeklagte wegen aus der unberechtigten Kündigung resultierenden finanziellen Nachteilen ein Schadensersatzbetrag zusteht.

Die Musterbeklagte hat mit ihren Kunden Verträge über die Lieferung von Strom abgeschlossen. Diese Verträge hatten Laufzeiten von 12 beziehungsweise 24 Monaten, jeweils mit Verlängerungsoption. Den Kunden wurde für die vereinbarte Vertragslaufzeit ein fester Strompreis zugesagt.
Zudem war in den überwiegenden Verträgen ein sogenannter "Sofortbonus" vereinbart, wonach der Verbraucher eine Zahlung zum jeweils vertraglich vereinbarten Zeitpunkt in der zugesagten Höhe von der Musterbeklagten erhalten sollte. Hinzu kam ein sogenannter "Erstjahresrabatt" oder ein "Abschlagsbonus", wonach dem Verbraucher gemäß des § 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Musterbeklagten ein prozentualer Rabatt in der angegebenen Höhe auf die Gesamtkosten des tatsächlichen Stromverbrauchs innerhalb des ersten Belieferungsjahres gewährt werden sollte. Hierzu sollten zunächst die einzelnen monatlichen Abschlagszahlungen innerhalb des ersten Belieferungsjahres um den Prozentsatz des zugesagten Erstjahresrabattes bzw. Abschlagsbonus gemindert werden. In der Jahresverbrauchsrechnung sollte der prozentuale Rabatt sodann anhand der Gesamtkosten des tatsächlichen Stromverbrauchs endgültig ermittelt und zugunsten des Verbrauchers verrechnet werden.

In diesem Tarif erhalten sie von uns schon 90 Tage nach Lieferbeginn einen attraktiven Sofortbonus und zusätzlich nach einem vollständigen Belieferungsjahr einen weiteren Neukundenbonus. Dieser Bonus richtet sich nach den Kosten Ihres Stromverbrauchs im ersten Belieferungsjahr und wird als prozentualer Rabatt gewährt.
In einem Zeitraum zwischen Ende Dezember 2021 bis Anfang Januar 2022 erklärte die Musterbeklagte die fristlose Kündigung gegenüber den Kunden rückwirkend zum 21.12.2021. Als Grund nannte die Musterbeklagte "die fortlaufende Entwicklung auf den Rohstoffmärkten sowie die Kündigung unseres Bilanzkreisvertrags durch den zuständigen Übertragungsnetzbetreiber". Seit dem 22.12.2021 befanden sich die Kunden bereits in der jeweiligen Grund- oder Ersatzversorung.

Bei dem Musterkläger hat sich eine Vielzahl von betroffenen Verbrauchern über das rechtswidrige Vorgehen der Musterbeklagten beschwert und sich hierzu beraten lassen.

Der Musterkläger hält die durch Musterbeklagte erklärte Kündigung für unwirksam, da ein wichtiger Grund für die erklärte fristlose Kündigung nicht vorliegt. Die Musterbeklagte hat ihren betroffenen Kunden bewusst Verträge mit Festlaufzeit angeboten; die Preiskalkulation fällt damit in ihren Risikobereich und rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung der Lieferverträge. Durch die Musterfeststellungsklage soll Rechtssicherheit für betroffene Verbraucher geschaffen werden, deren Stromversorgung ohne ihre Einwilligung und ohne ihre Kenntnis durch den Grund- und Ersatzversorger übernommen wurde. Dies betrifft sowohl die Frage, ob die Verträge mit betroffenen Verbrauchern mit der Musterbeklagten fortbestehen, als auch die Frage, ob betroffenen Verbrauchern ein Schadensersatzanspruch für die infolge der Kündigung eingetretene finanzielle Mehrbelastung zusteht.

6. Angaben gemäß § 607 Absatz 1 Nummer 6 bis 8 ZPO

7. Berichtigungsbeschlüsse

Zurzeit keine öffentlichen Bekanntmachungen.

8. Stand des Verfahrens

9. Formulare (Anmeldung, Änderung, Rücknahme, Registerauszug)

Alsbald nach Eintragung Ihrer Anmeldung in das Klageregister erhalten Sie unaufgefordert per Post eine Bestätigung über die Eintragung. Bitte sehen Sie bis dahin von Nachfragen ab. In der Bestätigung sind Ihre persönlichen Daten sowie die Klage, zu der Sie Ihre Ansprüche angemeldet haben, angegeben.