Öffentliche Bekanntmachung einer Unterlassungsklage gemäß § 6a Absatz 2 und 3 UKlaG
1. Allgemeine Verfahrensdaten
Bekanntmachung am: 16.05.2025
Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Aktenzeichen: I-12 UKl 1/25
2. Bezeichnung des Klägers
Kläger: Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (VZBV)
Straße und Hausnummer: Rudi-Dutschke-Straße 17
PLZ und Ort: 10969 Berlin
Land: Deutschland
3. Bezeichnung des Beklagten
Beklagter: Deutsche Glasfaser Holding GmbH
Straße und Hausnummer: Am Kuhm 31
PLZ und Ort: 46325 Borken
Land: Deutschland
4. Angaben der behaupteten Zuwiderhandlung, gegen die die Klage gerichtet ist
1. Der Kläger
Der Kläger ist der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Länder und mehr als 30 weiterer verbraucherpolitischer Verbände in Deutschland. Er wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) institutionell gefördert und verfolgt gemäß § 2 Abs. 1 seiner Satzung unter anderem den Zweck, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, insbesondere indem er Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften — insbesondere das Unterlassungsklagengesetz, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen — sowie verbraucherrelevante Datenschutzvorschriften, durch geeignete Maßnahmen sowohl national als auch international, unterbindet.
Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG. Er ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.
2. Die Beklagte
Auf ihrer Website unter der URL https://www.deutsche-glasfaser.de bietet die Beklagte den Abschluss kostenpflichtiger Telekommunikationsverträge an. Im Footer der Website hielt sie im April 2024 einen mit „Kündigung" beschrifteten Link bereit, der Verbraucher unter der URL https://www.deutsche-glasfaser.de/kuendigung auf eine Bestätigungsseite i. S. d. § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 BGB führte.
Die Bestätigungsseite wies zunächst den folgenden Text auf:
"Können wir helfen?
Schade, dass Sie Ihr Produkt kündigen möchten. Erfüllt Ihr aktueller Tarif oder Ihr Produkt nicht mehr Ihre Wünsche? Bitte geben Sie uns die Gelegenheit, zusammen ein passendes Angebot für Sie zu finden oder Details zu klären. Denn wir möchten Sie als Kunde nicht verlieren.
Rufen Sie uns gerne kostenlos unter der folgenden Rufnummer an: 02861 8133 322
Wir sind Montag bis Freitag von 8:00 - 20:00 Uhr und Samstag von 9:00 - 15:00 Uhr für Sie erreichbar.
Sie haben uns bereits angerufen? Dann können Sie Ihre Kündigung am einfachsten über das Kundenportal an uns schicken. Klicken Sie dazu auf den Button.
Alternativ können Sie Ihre Kündigung auch hier eintragen und einreichen. Bitte achten Sie unbedingt darauf alle Daten aus zu Ihrem Tarif und Vertrag aus dem Kundenportal korrekt anzugeben, damit wir Ihre Kündigung schnellstmöglich für Sie bearbeiten können."
Unterhalb dieses Textes hielt die Beklagte eine durch weiße Schrift auf blauem Hintergrund deutlich hervorgehobene und mit "Zum Kundenportal" beschriftete Schaltfläche vor.
Unterhalb der Schaltfläche "Zum Kundenportal" befand sich der folgende Text, der wortgleich zum letzten Satz des vorherigen Abschnitts war:
"Alternativ können Sie Ihre Kündigung auch hier eintragen und einreichen. Bitte achten Sie unbedingt darauf alle Daten aus zu Ihrem Tarif und Vertrag aus dem Kundenportal korrekt anzugeben, damit wir Ihre Kündigung schnellstmöglich für Sie bearbeiten können."
Es folgten mehrere Formularfelder, durch die Verbraucher zunächst zur Eingabe der folgenden Daten aufgefordert wurden:
- Thema
- Anrede
- Vorname
- Nachname
- Kundennummer
- Vertragsnummer
Das Formular wurde sodann durch den Text
"Im Kundenportal finden Sie Ihre Vertragsnummer, sowie alle relevanten Daten, um Ihre Kündigung ganz einfach einzureichen."
und sich eine daran anschließende, erneut deutlich hervorgehobene und mit "Zum Kundenportal" beschriftete, Schaltfläche unterbrochen.
Sodann folgten die Formularfelder:
- Was möchten Sie kündigen?
- Kündigung zum
- Straße
- Nummer
- PLZ
- Ort
- Telefon
Darunter befand sich der folgende Text, dem ein Kästchen vorangestellt war, das von dem Verbraucher angehakt werden musste:
"Ich habe die aktuellen Datenschutzbestimmungen gelesen und akzeptiere diese."
Unterhalb dieses Textes hielt die Beklagte eine mit "Abschicken" beschriftete Schaltfläche vor.
Rechts neben diesem Kündigungsformular hielt die Beklagte den folgenden Text vor:
"Sie möchten bleiben? Wir machen Ihnen gerne ein Angebot: 02861 8133322
Erreichbarkeit: Mo-Fr. 08:00 - 20 00 Uhr Sa.: 09:00 - 15:00 Uhr"
Dieser Text zeichnete sich dadurch aus, dass die Angabe
"Sie möchten bleiben? Wir machen Ihnen gerne ein Angebot"
durch Fettschrift sowie eine besonders große Schriftgröße hervorgehoben wurde. Auch die Telefonnummer "02861 8133322" wurde durch eine sehr große Schriftgröße und die Schriftfarbe "cyan" prominent dargestellt.
Zudem war diesem Text als Blickfang ein auffälliges Symbol in Form eines Telefonhörers vorangestellt.
Für die oben beschriebene Gestaltung der Bestätigungsseite bietet der Kläger als
Beweis - Screenshots vom 24.04.2024, Anlage k1
3. Abmahnung vom 02.05.2024 und Teilunterlassungserklärung
Der Kläger mahnte die Beklagte wegen dieses Verhaltens mit Schreiben vom 02.05.2024 ab und forderte sie unter Fristsetzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und - unter weiterer Fristsetzung zum Aufwendungsersatz auf.
Beweis - Abmahnung vom 02.05.2024, Anlage k2
Bezüglich der in der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsansprüche gab die Beklagte eine (modifizierte) Teilunterlassungserklärung ab, die den Ziffern 1. b), c), d) der vorformulierten Unterlassungserklärung, die der Abmahnung beigefügt war, entspricht.
Beweis - Teilunterlassungserklärung, Anlage k3
Weiterhin zahlte die Beklagte die geltend gemachte Abmahnpauschale in voller Höhe. Der Kläger nahm das Angebot der Beklagten auf Abschluss des Unterlassungsvertrages mit E-Mail vom 27.05.2024 an, so dass vorliegend lediglich der in der vorformulierten Unterlassungserklärung unter der Ziffer 1. a) geltend gemachte Unterlassungsanspruch streitgegenständlich ist.
Diesbezüglich hat der Kläger der Beklagten in seiner Abmahnung einen Verstoß gegen § 312k Abs. 2 BGB dargelegt.
Die Kündigungsschaltfläche führe auf eine Unterseite, auf der zu Beginn im Zusammenhang mit der Kündigung auf die Kundenbetreuung der Beklagten und eine telefonische Kontaktaufnahme zu dieser hingewiesen werde. Für den Fall, dass Verbraucher die Beklagte bereits angerufen hätten, würde die Beklagte auf die Kündigung über das Kundenportal verweisen und einen entsprechenden Link zur Verfügung stellen. Erst dann würde sie ein Kündigungsformular bereitstellen, in dem jedoch erneut ein Link auf das Kundenportal enthalten sei.
§ 312k Abs. 2 BGB sehe vor, dass die Kündigungsschaltfläche unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen müsse, auf der Angaben im Sinne von § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB vorzunehmen seien und die eine Bestätigungsschaltfläche enthalten müsse. Daher dürften auf der Bestätigungsseite ausschließlich die in § 312k Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Inhalte aufgeführt werden. Aufforderungen an Verbraucher, im Zusammenhang mit der Kündigung telefonisch Kontakt zu der Beklagten aufzunehmen oder die Kündigung über das Kundenportal vorzunehmen, seien in § 312k Abs. 2 BGB nicht vorgesehen. Nach dem Zweck des Gesetzes solle die Kündigung über eine Kündigungsschaltfläche die Kündigungsmöglichkeiten für Verbraucher erweitern. Dies würde dafür sprechen, dass die Kündigung über eine Kündigungsschaltfläche als etwas Zusätzliches und damit Gesondertes angesehen werde, das Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden soll.
Auch habe der Gesetzgeber ausdrücklich ein zweistufiges System zur Kündigung eingerichtet. Aus diesem Grund sei es ausgeschlossen, dass Anbieter die Bestätigungsseite auch dafür nutzen dürften, weitere Hinweise oder Links aufzuführen, die in § 312k Abs. 2 BGB nicht genannt werden.
Die von der Beklagten gewählte Gestaltung sei geeignet, Verbraucher von einer vereinfachten Kündigung über die Bestätigungsseite und -Schaltfläche abzubringen. Dies widerspräche dem erklärten Gesetzeszweck, die Kündigung von Verträgen für Verbraucher zu erleichtern.
4. Erwiderung auf die Abmahnung
Im Hinblick auf den hier noch streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch wies die Beklagte die Forderung des Klägers mit E-Mail vom 23.05.2024 zurück.
Beweis - E-Mail vom 23.05.2024, Anlage k4
Die Angabe der Rufnummer für ein neues Angebot und die Animation des noch-Kunden zu einem Anruf (welche "gestalterisch nach den Formularfeldern für die Kündigung und dem Absende-Button" erfolgt sein soll), wie auch die Option, die Kündigung über den Kundenbereich auszusprechen, würden den gesetzgeberischen Willen einer möglichst einfachen und unkomplizierten Kündigungsmöglichkeit nicht beeinträchtigen. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, weil der Kunde weniger Informationen eintragen müsse und Tippfehler zu seinen Lasten ausgeschlossen würden. Aus dem Gesetzgebungsverfahren würde sich nicht ergeben, dass diese Gestaltung unzulässig sein könnte.
5. Anhängigkeit der Klage
Datum: 06.02.2025
6. Rechtshängigkeit der Klage
Datum: 03.05.2025