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Verfahren

Sowohl bei eingehenden Ersuchen aus dem EU-Ausland als auch bei den Anträgen auf Vollstreckungshilfe der deutschen Aus­gangsbehörden prüft das Bundesamt für Justiz (BfJ) zunächst die Zulässigkeit und Bewilligungsfähigkeit anhand der gesetzlich vorgegebenen Kriterien.

Liegt dem BfJ ein zulässiger Antrag einer deutschen Ausgangsbehörde auf Vollstreckungshilfe vor, so wird der andere EU-Staat um Anerkennung und Vollstreckung der deutschen Entscheidung ersucht (ausgehendes Ersuchen).

Ist ein zulässiges und bewilligungsfähiges Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates der EU eingegangen (eingehendes Ersuchen), hört das Bundesamt die betroffene Person an. Mit der Anhörung wird der betroffenen Person die Möglichkeit eingeräumt, das Ver­fahren durch Zahlung zu beenden. Gleichzeitig erhält sie auch die Möglichkeit, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Wird die Geldsanktion nicht beglichen bzw. geht keine oder keine verfahrenserhebliche Stellungnahme ein, so erlässt das BfJ einen Bewilligungsbescheid. Durch Zustellung des Bewilligungsbescheids wird der betroffenen Person die Möglichkeit gegeben, gegen diesen Einspruch innerhalb der gesetzlich festgelegten zweiwöchigen Frist beim BfJ einzulegen. Geht ein zulässiger Einspruch ein und hilft das BfJ diesem nicht ab, so entscheidet hierüber grundsätzlich das Amtsgericht an dem Wohnort der betroffenen Person. In Verfahren, die vor dem 27. November 2020 beim BfJ eingegangen sind, werden auch unzulässige Einsprüche ans Amtsgericht abgegeben.

Wenn im Entscheidungsstaat eine Geldstrafe gegen Jugendliche oder Heranwachsende ausgesprochen wurde, so findet ein anderes Verfahren Anwendung: Zwar erfolgt auch hier zunächst eine Anhörung, in welcher die Möglichkeit zur Zahlung aufgezeigt sowie zur Stellungnahme eingeräumt wird. Wird in diesen Fällen die Geldstrafe nicht beglichen bzw. geht keine oder keine verfahrenserhebliche Stellungnahme ein, bedarf es jedoch einer gerichtlichen Entscheidung. Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach dem Wohnort der betroffenen Person. Nach Maßgabe des gerichtlichen Beschlusses erlässt das BfJ den Bewilligungsbescheid. Die Vollstreckung des Bewilligungsbescheids obliegt entweder dem Jugendrichter oder der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft.

Wurde im Entscheidungsstaat eine Geldsanktion gegen eine juristische Person bzw. neben der Geldstrafe oder Geldbuße eine Opferentschädigung oder die Verpflichtung zur Zahlung an eine öffentliche Kasse ausgesprochen, so bedarf es auch bei diesen Verfahren einer gerichtlichen Entscheidung, sofern die Ersuchen vor dem 27. November 2020 beim BfJ eingegangen sind. Für Ersuchen, die danach eingehen, wurde das Erfordernis der gerichtlichen Umwandlung in den genannten Fällen durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 23. November 2020 (BGBl. I S. 2474) abgeschafft.

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