Auf dieser Seite erhalten Sie einen Überblick über die deutschen Mitglieder im Europäischen Justiziellen Netz (EJN) für Zivil- und Handelssachen. Wenn Sie als Gericht Unterstützung im Einzelfall durch das EJN suchen, können Sie die erforderlichen Kontaktdaten dem Merkblatt "Das Europäische Justizielle Netz (EJN) für Zivil- und Handelssachen Praktische Unterstützung für deutsche Gerichte in Verfahren mit grenzüberschreitenden Bezügen" entnehmen.
Die deutschen Kontaktstellen im EJN
Den Kontaktstellen kommt eine Schlüsselrolle im EJN zu, da sie den anderen Mitgliedern des Netzes sowie den Gerichten und Justizbehörden in ihrem Mitgliedstaat bei Problemen im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr zur Verfügung stehen. Für eine reibungslose justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und zur Förderung der innerstaatlichen Gerichtsverfahren bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten vermitteln sie Kontakte, informieren und helfen bei der Überwindung von Verfahrenshindernissen. Zu der Arbeit der Kontaktstellen gehört beispielsweise auch die Erteilung von Auskünften zu dem Inhalt ausländischen Rechts und zu europäischen Rechtsinstrumenten im Bereich des Zivil- und Handelsrechts.
Beispiele für eine Unterstützung durch das EJN:
- Ein polnisches Gericht stellt ein Ersuchen um Beweisaufnahme bei einem deutschen Gericht. Ziel des Ersuchens ist, für ein Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung eine Blutprobe von dem mutmaßlichen Vater entnehmen zu lassen. Zur Durchführung der Blutentnahme sind in dem Ersuchen zwei konkrete Stellen benannt, die allerdings auf Nachfrage des deutschen Gerichts keine Blutentnahmen durchführen. Weiter ist nicht konkretisiert, ob auch die Übersendung getrockneten Bluts zur Erledigung des Beweisaufnahmeersuchens ausreicht. Durch telefonische Kontaktaufnahme mit der polnischen Kontaktstelle kann geklärt werden, ob das deutsche Gericht ein anderes als das in dem Ersuchen genannte Institut beauftragen kann und ob auch der Versand von getrocknetem Blut von dem polnischen Gericht akzeptiert wird. Eine solche Klärung ist über die Kontaktstellen in der Regel schnell und unbürokratisch möglich.
- Bei einem deutschen Gericht ist ein Zivilverfahren anhängig, bei dem niederländisches Recht anzuwenden ist, da der Kläger mit seinem Fahrzeug in den Niederlanden verunfallt ist. Gestritten wird um die einzelnen Schadenspositionen. Um zu klären, ob der merkantile Minderwert und die vorgerichtlichen Anwaltskosten nach niederländischem Recht erstattungsfähig sind, kann sich das erkennende Gericht an die deutsche Kontaktstelle wenden. Diese wendet sich per E-Mail oder Telefon an die niederländische Kontaktstelle, um die notwendigen Informationen einzuholen, und leitet diese an das deutsche Gericht weiter.
In Deutschland gibt es neben der Bundeskontaktstelle 16 Landeskontaktstellen. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit Rücksicht auf ihre föderalistische Struktur von der in der Ratsentscheidung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, nicht nur eine Kontaktstelle einzurichten, sondern die Aufgaben der Kontaktstelle auf Bund und Länder zu verteilen.
Die Bundeskontaktstelle
Die Aufgaben der Bundeskontaktstelle sind auf Bundesebene beim Bundesamt für Justiz angesiedelt. Sie nimmt die Koordinierungs- und Informationsaufgaben zwischen den deutschen Mitgliedern des EJN wahr. Darüber hinaus befördert sie in enger Zusammenarbeit mit den Kontaktstellen der anderen EU-Mitgliedstaaten in Einzelfällen die Erledigung von Rechtshilfeersuchen und geht aufgetretenen Schwierigkeiten bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Gerichte nach. Zudem besteht im Einzelfall die Möglichkeit, Informationen über das Recht der EU-Mitgliedstaaten für die Gerichte einzuholen.
Zum Aufgabenbereich der Bundeskontaktstelle im EJN gehört darüber hinaus auch die Teilnahme an den von der EU-Kommission einberufenen regelmäßigen Treffen der Kontaktstellen in Brüssel. Bei diesen Treffen werden zum einen Fragen zur Umsetzung der Ratsentscheidung oder der Regelungen des europäischen Zivilprozessrechts erörtert, zum anderen Informationsmedien für die Kontaktstellen und für die Allgemeinheit erarbeitet. Auch im Vorfeld der Verabschiedung von europäischen Rechtsakten im Bereich des Zivilrechts werden die Kontaktstellen häufig beteiligt. Diese Möglichkeit nutzen sie oft, um Wissenschaftlern und Praktikern bei der Diskussion über neue Rechtsinstrumente Gehör zu verschaffen.
Die Bundeskontaktstelle im EJN beteiligt sich außerdem an der Organisation verschiedener Veranstaltungen wie denen aus Anlass des Europäischen Tages der Justiz Ende Oktober eines jeden Jahres.
Die Landeskontaktstellen
In einem föderalistisch organisierten Staat, in dem die Bundesländer im Rahmen ihrer Justizhoheit selbständig und unabhängig vom Bund bei der Gerichtsorganisation agieren, muss in allen Bereichen, in denen Gemeinschaftsrechtsakte oder internationale Übereinkommen bestehen, auch auf der Ebene der Bundesländer deren wirksame und praktische Umsetzung sichergestellt werden. Die Kontaktstellen der Bundesländer arbeiten gleichberechtigt neben der Bundeskontaktstelle und können direkt von den Kontaktstellen der EU–Mitgliedstaaten mit Anfragen befasst werden. Deutsche Gerichte können sich daher sowohl an die Landeskontaktstellen als auch an die Bundeskontaktstelle wenden. Die Kontaktstellen teilen sich die Aufgaben so, dass die Bearbeitung von der sachlich nächsten Kontaktstelle immer gewährleistet ist.
Dabei stehen die Bundeskontaktstelle und die 16 deutschen Landeskontaktstellen in einem engen fachlichen Kontakt, der sich schon vielfach bewährt hat, wenn es darum geht, grenzüberschreitende Verfahren zu befördern oder Zweifelsfragen bei der Auslegung internationaler Übereinkommen zu klären. Auch wenn der Schwerpunkt der Tätigkeit der Bundes– und Landeskontaktstellen sich an den Aufgaben und Belangen der Gerichte orientiert, dient die Arbeit im Ergebnis doch den Bürgerinnen und Bürgern, die bei grenzüberschreitenden Konflikten auf Rechtssicherheit und schnelle Verfahrensabläufe angewiesen sind.
Die EJN-Familienrichterinnen und -richter
In binationalen Familienkonflikten mit EU-Bezug werden Sie zusätzlich zu den EJN-Kontaktstellen von vier Familienrichterinnen und -richtern im EJN unterstützt. Zwei dieser Richterinnen sind zugleich Verbindungsrichterinnen im Internationalen Haager Richternetzwerk und weltweit in Kindesentführungsfällen im Rahmen des Haager Kindesentführungsübereinkommens, das enge Berührungspunkte mit der Brüssel IIa-Verordnung hat, für Sie unterstützend tätig.
Ihre Aufgabe ist es, ihren richterlichen Kolleginnen und Kollegen bei der Lösung von Problemen zu unterstützen, die bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten auftreten können.
Deutschland hat für das Gebiet des Familienrechts gem. Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d) der Entscheidung des Rates vom 28. Mai 2001 (2001/470/EG) Richterinnen und -richter benannt, die sich insbesondere durch ihre langjährige Erfahrung in grenzüberschreitenden Familienrechtsstreitigkeiten auszeichnen und über entsprechende Sprachkenntnisse verfügen, um zu ihren Kolleginnen und Kollegen im europäischen Ausland Kontakt aufnehmen zu können.
Die Kontaktdaten der EJN-Familienrichterinnen und –richter sowie nähere Informationen zu ihrer Tätigkeit lassen sich dem EJN-Merkblatt entnehmen.
Als Richterin oder Richter können Sie sich unabhängig von den im EJN-Merkblatt ausgewiesenen Zuständigkeiten an jeden EJN-Familienrichter mit Ihrer Anfrage wenden. Diese interne Zuständigkeitsregelung der EJN-Familienrichterinnen und –richter kann jedoch ein hilfreicher Anhaltspunkt für eine erste Kontaktaufnahme sein.
Die deutsche Verbindungsbeamtin im französischen Justizministerium
Frau Hilâl Berk ist im französischen Justizministerium unter anderem zuständig für den deutsch-französischen Rechtshilfeverkehr. Treten im Einzelfall Probleme mit der Erledigung französischer Rechtshilfeersuchen in Deutschland oder deutscher Rechtshilfeersuchen in Frankreich auf oder muss der Inhalt französischen Rechts ermittelt werden, so kann – neben dem Weg über die Kontaktstellen – die deutsche Verbindungsbeamtin um Unterstützung gebeten werden.