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Allgemeine Informationen für Behörden

Die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI (Rahmenbeschluss Geldsanktionen) erfolgt im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Der Gesetzgeber hat das Bundesamt für Justiz (BfJ), die zentrale Dienstleistungsbehörde der Bundesjustiz sowie Anlaufstelle und Ansprechpartner für den internationalen Rechtsverkehr, mit den Aufgaben der zentralen deutschen Behörde für die grenzüberschreitende Vollstreckung von Geldsanktionen im EU-Raum betraut.

Soll eine in Deutschland rechtskräftig auferlegte Geldsanktion in einem anderen EU-Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt werden, weil die betroffene Person, gegen welche sich die Geldsanktion richtet,

  • eine natürliche Person ist, die ihren Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat oder sich dort in der Regel aufhält,
  • eine juristische Person ist, die ihren Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat,
  • über Vermögen in einem anderen EU-Mitgliedstaat verfügt oder
  • in einem anderen EU-Mitgliedstaat Einkommen bezieht,

so kann die zuständige deutsche Vollstreckungsbehörde einen Antrag auf Vollstreckungshilfe beim BfJ stellen.

Unter den Begriff der Geldsanktion fallen

  • Geldstrafen,
  • Geldbußen und
  • die zu der Entscheidung führenden Kosten des Verfahrens, in dem eine Geldstrafe oder Geldbuße verhängt wurde.

Ist der Antrag bewilligungsfähig, stellt das BfJ ein Ersuchen an den entsprechenden EU-Mitgliedstaat. Zeitgleich mit der Stellung des Ersuchens im Vollstreckungsstaat wird die antragstellende deutsche Vollstreckungsbehörde hierüber in Kenntnis gesetzt. Mit der Stellung des Ersuchens geht die Vollstreckungsberechtigung auf den Vollstreckungsstaat über. Vollstreckungshandlungen im Inland sind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zulässig. Bitte beachten Sie, dass der Erlös aus der Vollstreckung grundsätzlich im Vollstreckungsstaat, also im anderen Mitgliedstaat verbleibt.

Unterlagen:

Kontakt

Bundesamt für Justiz
Vollstreckungshilfe EU-Geldsanktionen
53094 Bonn

Telefon: +49 228 99 410-5780

Um ein Vollstreckungshilfeersuchen stellen zu können, benötigt das BfJ von Ihnen neben dem Begleitschreiben, aus dem sich Ihre Kontaktdaten für Rückfragen ergeben,

  • eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Mehrfertigung der zu vollstreckenden inländischen Entscheidung - möglichst in doppelter Ausfertigung - und
  • einen Ausdruck der Bescheinigung, die im Anhang zu dem RB Geldsanktionen abgedruckt ist. Diese kann unter Nutzung des elektronischen Formulars erstellt werden (siehe unten).

Zu übersenden sind diese auf dem Postweg an das
Bundesamt für Justiz
53094 Bonn.

Bescheinigungserstellung über das elektronische Formular:

Um Ihnen das Ausfüllen der nach dem Rahmenbeschluss Geldsanktionen zwingend vorgesehenen Bescheinigung zu erleichtern, wird diese als elektronisches Formular zur Verfügung gestellt. Hierüber kann die Bescheinigung erstellt und ausgedruckt werden.

Erforderliche Abweichungen zwischen den Eingabefeldern und dem Ausdruck als Endprodukt sind der Rolle des BfJ als zentrale Behörde geschuldet. Zum Beispiel werden die Segmente c), e), i) und k) vom BfJ ausgefüllt und erscheinen auf Ihrem Bildschirm nicht. In Segment i) unter 1. ist vorab das Feld „nein“ angekreuzt, was nur im Ausdruck sichtbar ist. Maßgeblich ist der Wille des Gesetzgebers, die Anordnung einer Ersatzfreiheitsstrafe im Vollstreckungsstaat nicht zuzulassen. Segment d) erscheint ebenso wenig und bleibt im Ausdruck leer. Das Bundesamt für Justiz vervollständigt, wie dargelegt, die Bescheinigung und unterschreibt diese.

Die Übersetzung in die vom jeweils zu ersuchenden Mitgliedstaat vorgegebene Sprache und die anschließende Übersendung der Unterlagen (Stellung des Ersuchens) an die zuständige Stelle im Vollstreckungsstaat übernimmt das BfJ. Über die Stellung des Ersuchens, mit welcher die Vollstreckungsbefugnis auf den ersuchten Mitgliedstaat übergeht, werden Sie informiert.

Angaben zur Art der Tathandlung - Geschwindigkeits-/ Abstandsverstoß oder sonstige Zuwiderhandlung

Abhängig von dem der Entscheidung zugrunde liegenden Delikt bietet Segment g) 2. die Wahl zwischen den Angaben „Geschwindigkeitsverstoß“, „Abstandsverstoß“ sowie „Sonstige Zuwiderhandlung“. Die Angabe „Sonstige Zuwiderhandlung“ ist vorausgewählt und dann passend, wenn die dem Antrag zugrundeliegende Entscheidung nicht (ausschließlich) wegen eines Geschwindigkeits- oder Abstandsverstoßes erging. Liegt eine sonstige Zuwiderhandlung vor, ist unter Tathandlung der Sachverhalt, welcher der Entscheidung zugrunde liegt, einzutragen; es gibt keine weiteren Besonderheiten beim Befüllen der Eingabemaske zu beachten. Die Angabe „Sonstige Zuwiderhandlung“ ist auch auszuwählen, wenn neben dem Geschwindigkeits- oder Abstandsverstoß ein weiterer Verstoß vorliegt, welcher mit derselben Entscheidung sanktioniert wird, wie beispielsweise das Fahren ohne Sicherheitsgurt.

Erging die Ihrem Antrag zugrundeliegende Entscheidung (ausschließlich) aufgrund eines Geschwindigkeitsverstoßes, ist die Angabe „Geschwindigkeitsverstoß“ auszuwählen. Erging die Ihrem Antrag zugrundeliegende Entscheidung (ausschließlich) aufgrund eines Abstandsverstoßes, ist die Angabe „Abstandsverstoß“ auszuwählen. Im nächsten Schritt kann gewählt werden, mit welcher Art von Kraftfahrzeug die Zuwiderhandlung begangen wurde. Bei Vorliegen eines Geschwindigkeitsverstoßes kann unabhängig von der ausgewählten Art des Kraftfahrzeugs, mit welchem der Verstoß begangen wurde, im Folgenden die Wahl getroffen werden, ob die Tathandlung innerhalb oder außerhalb geschlossener Ortschaften begangen wurde. Sowohl bei Geschwindigkeits- als auch bei Abstandsverstößen sind im Folgenden die Eckdaten, wie beispielsweise die Tatzeit, zu der Tat einzugeben.

Die gemachten Eingaben werden in das Feld unter „Tathandlung“ übernommen.

Die (vervollständigte) Nummer des Bußgeldkatalogs sowie ein mögliches Fahrverbot nach § 25 StVG, welches bei einem Geschwindigkeitsverstoß auferlegt wurde, werden im Feld unter „Art und rechtliche Würdigung“ übernommen.

Ist Geschwindigkeits- oder Abstandsverstoß ausgewählt, wird automatisch das Listendelikt „gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßenden Verhaltensweise [….]“ unabänderlich vorausgewählt. Da das Listendelikt gewählt wird, bedarf es keiner Angabe in Segment g) 4., welches daher ausgegraut dargestellt wird.

Bitte beachten Sie, dass in Segment g) stets die Angabe „Sonstige Zuwiderhandlung“ vorausgewählt ist, auch wenn eine XML-Datei hochgeladen wird, welche in einem Verfahren erstellt wurde, bei welchem ein Geschwindigkeits- oder Abstandsverstoß gewählt wurde. Sollte es sich ausschließlich um einen solchen Verstoß handeln, ist dieser entsprechend manuell auszuwählen.

Erfolgsaussichten der Vollstreckung:

Um die Aussichten auf eine erfolgreiche Vollstreckung zu erhöhen, erbittet das BfJ von Ihnen - abhängig vom jeweiligen Mitgliedstaat - zusätzliche Angaben, mit denen Länderbesonderheiten Rechnung getragen werden. Nach den bisherigen Erfahrungen mit der Tschechischen Republik, Slowenien, der Slowakei und im Hinblick auf Artikel 5 Absatz 3 des EU-Übereinkommens vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen würde beispielsweise ein Vollstreckungshilfeersuchen, bei welchem von der zugrundeliegenden Entscheidung im Erkenntnisverfahren keine Übersetzung gefertigt wurde und sofern Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die betroffene Person nicht über Deutschkenntnisse verfügt, keine Erfolgsaussichten haben. Ein solcher Antrag würde daher seitens des BfJ nicht bewilligt werden.

Im Rahmen des Rahmenbeschlusses Geldsanktionen sind alle Zustellungsarten, die mit einer reinen Fiktion arbeiten, unzulässig. Auch Segment h) 2. b) der Bescheinigung des Rahmenbeschlusses Geldsanktionen, der typischerweise bei einer Zustellung im schriftlichen Verfahren angekreuzt wird, setzt eine persönliche Zustellung an die betroffene Person oder einen befugten Vertreter voraus. Wurde eine nach deutschem Recht unzulässige Zustellungsart (wie die Niederlegung im Ausland) oder eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gewählt, wird der Antrag auf Vollstreckungshilfe nicht bewilligt. Sollte sich dies erst im Laufe des Verfahrens herausstellen, wird das Ersuchen im Ausland zurückgenommen.

Unter Berücksichtigung des für die Bearbeitung notwendigen zeitlichen Vorlaufs, insbesondere der im Regelfall notwendigen Übersetzung, ist die Stellung eines Vollstreckungshilfeersuchens nur sinnvoll, wenn zwischen der Antragstellung beim BfJ und dem Verjährungseintritt mindestens sechs bzw. in Verfahren mit Österreich und Luxemburg vier Monate liegen.

Im Hinblick auf Artikel 7 Absatz 2 h) des Rahmenbeschlusses werden Vollstreckungshilfeanträge nur dann bewilligt, wenn die noch zu vollstreckende Geldsanktion, welche sich aus der Strafe oder Buße und den Verfahrenskosten zusammensetzt, einen Betrag von 70,00 Euro nicht unterschreitet. Zwischenzeitlich erfolgte Teilzahlungen sind hierbei zu berücksichtigen, sodass die Geldsanktion zum Zeitpunkt der Stellung des Ersuchens im Ausland noch mindestens 70,00 Euro betragen muss.

Stichtagsregelung

Wie bei eingehenden Ersuchen gilt die Stichtagsregelung in § 100 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Geldstrafen und durch Gerichte verhängte Geldbußen können zur Anerkennung und Vollstreckung an einen anderen Mitgliedstaat übermittelt werden, wenn sie nach dem 27. Oktober 2010 rechtskräftig geworden sind. Um Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, mit denen deutsche Behörden Geldbußen verhängt haben, kann ersucht werden, wenn diese nach dem 27. Oktober 2010 ergangen sind.

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