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Anerkennung privatrechtlich organisierter Schlichtungsstellen

1. Überblick

Damit eine Streitbeilegungsstelle sich als Verbraucherschlichtungsstelle bezeichnen darf, muss sie grundsätzlich die Anerkennung als Verbraucherschlichtungsstelle beim Bundesamt für Justiz (BfJ) beantragen.

Das BfJ ist zuständig für Anerkennungsverfahren nach

  • § 24 Satz 1, § 27 Absatz 1 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG),
  • § 14 Absatz 3 Satz 1 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) i.V.m. § 11 Absatz 1 der Finanzschlichtungsstellenverordnung (FinSV) und
  • § 214 Absatz 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).

Im Anerkennungsverfahren wird geprüft, ob die Streitbeilegungsstelle die gesetzlichen Mindestanforderungen an Verbraucherschlichtungsstellen erfüllt. Hierzu gehört vor allem, dass die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit der Streitmittlerinnen und Streitmittler sowie deren Verschwiegenheit gewährleistet sind. Das Verfahren vor der Verbraucherschlichtungsstelle muss für Verbraucherinnen und Verbraucher grundsätzlich kostenlos sein; allenfalls ein geringes Entgelt darf erhoben werden.

Neben den Streitbeilegungsstellen, die einer Anerkennung durch das BfJ bedürfen, gibt es eine Reihe bereits vor Inkrafttreten des VSBG existierender Schlichtungsstellen, die aufgrund spezieller gesetzlicher Vorschriften anerkannt oder eingerichtet worden sind und die ihre Anerkennung nach dem VSBG weiterbehalten. Sie müssen daher keine Anerkennung beim BfJ beantragen. Diese Schlichtungsstellen bedürfen jedoch einer Notifizierung, um in die Liste der Verbraucherschlichtungsstellen aufgenommen zu werden.

Daneben gibt es noch behördliche Verbraucherschlichtungsstellen, welche ebenfalls der Notifizierung bedürfen, um in die Liste der Verbraucherschlichtungsstellen aufgenommen zu werden.

2. Bedeutung der Anerkennung als Verbraucherschlichtungsstelle

Die Anerkennung der Verbraucherschlichtungsstelle zielt darauf ab, einen ausgewogenen und verlässlichen rechtlichen Rahmen für die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Unternehmen zu schaffen. Bewährte Verfahrensweisen und Praktiken zur Lösung von Konflikten zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Unternehmen sollen aber weiter bestehen können. Die Anerkennung als Verbraucherschlichtungsstelle durch das BfJ ist deshalb nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Streitschlichtung zwischen Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbrauchern. Sie ist vielmehr die behördliche Feststellung, dass die Einrichtung bestimmte Anforderungen an Qualität, Fairness und Effizienz des Verfahrens erfüllt. Die Anerkennung wird durch die Aufnahme der Einrichtung in die Liste der Verbraucherschlichtungsstellen nach außen dokumentiert.

Gesetzestexte & weitere Informationen

3. Das Anerkennungsverfahren nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)

Nach § 24 VSBG erkennt das BfJ auf Antrag eine Einrichtung als Verbraucherschlichtungsstelle an, wenn die Einrichtung die organisatorischen und fachlichen Anforderungen an die Streitbeilegung in Verbrauchersachen nach dem VSBG erfüllt, die Einrichtung auf Dauer angelegt ist und ihre Finanzierung tragfähig erscheint. Weitergehende Anforderungen an die Einrichtung, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, bleiben unberührt. Es wird empfohlen, den Antrag mit dem vom BfJ angebotenen Antragsformular zu stellen. Die Anforderungen der Verordnung über Informations- und Berichtspflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBInfoV) sind bei der Antragstellung zu beachten.

Nach § 25 VSBG ist die antragstellende Einrichtung verpflichtet, den Antrag zur Anerkennung als Verbraucherschlichtungsstelle zu begründen sowie mindestens die Verfahrensordnung und die Organisations- und Finanzierungsregeln dem Antrag beizufügen. Der Antrag muss alle Angaben enthalten, aus denen das BfJ als zuständige Behörde erkennen kann, dass die antragstellende Einrichtung die Voraussetzungen für die Anerkennung als Verbraucherschlichtungsstelle tatsächlich erfüllt.

Die wesentlichen Informationen hierzu werden mit dem empfohlenen Antragsformular erfasst. Die Anlage zur Notifizierung fragt die notwendigen Angaben für die Aufnahme in die Liste der Schlichtungsstellen ab und ist dem Antrag beizufügen. Die Nutzung des Antragsformulars ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Das Antragsformular soll lediglich das Antragsverfahren und die Aufnahme in die Liste erleichtern. Seine Nutzung entbindet die antragstellenden Einrichtungen nicht von der eigenständigen Prüfung, ob sämtliche für die Antragstellung relevanten Angaben gemacht und Unterlagen vorgelegt wurden.

4. Das Anerkennungsverfahren nach der Finanzschlichtungsstellenverordnung (FinSV)

Nach § 11 Absatz 1 FinSV erkennt das BfJ auf Antrag eine Einrichtung als Verbraucherschlichtungsstelle an, wenn ein formgerechter Antrag gestellt wurde sowie die Voraussetzungen nach dem UKlaG und der FinSV vorliegen. Die Anerkennung kommt danach nur in Betracht, wenn die Schlichtungsstelle nach ihrer Verfahrensordnung zumindest auch für bestimmte Streitigkeiten im Finanzbereich zuständig ist.

Der Antrag muss alle Angaben enthalten, aus denen das BfJ erkennen kann, dass die antragstellende Einrichtung die Voraussetzungen für die Anerkennung als Verbraucherschlichtungsstelle tatsächlich erfüllt (§ 16 FinSV).

Die wesentlichen Informationen hierzu werden mit dem empfohlenen Antragsformular erfasst. Die Anlage zur Notifizierung fragt die notwendigen Angaben für die Aufnahme in die Liste der Schlichtungsstellen ab und ist dem Antrag beizufügen. Wie beim Antrag nach dem VSBG ist die Verwendung der Formulare nicht zwingend, erleichtert jedoch die Prüfung.

5. Das Anerkennungsverfahren nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

§ 214 Absatz 1 VVG regelt die Anerkennung privatrechtlich organisierter Einrichtungen als Schlichtungsstellen bei Versicherungsverträgen oder im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen. Auch diese Schlichtungsstellen müssen die Voraussetzungen nach § 24 VSBG erfüllen, um anerkannt zu werden. Sie gelten dann als Verbraucherschlichtungsstelle nach dem VSBG. Das BfJ nimmt diese in die Liste der Verbraucherschlichtungsstellen auf. Auch hierfür stehen die Formulare zur Anerkennung und Notifizierung zur Verfügung.

6. Widerruf der Anerkennung

Die Anerkennung wird nach § 26 VSBG oder § 19 FinSV dann widerrufen, wenn das BfJ zu dem Ergebnis kommt, dass eine Verbraucherschlichtungsstelle die Anforderungen nicht mehr erfüllt oder bei ihrer Tätigkeit systematisch gegen gesetzliche Vorschriften oder ihre eigene Verfahrensordnung verstößt. Hingegen besteht keine Kompetenz des BfJ, einzelne Schlichtungsverfahren oder Schlichtungsvorschläge zu überprüfen oder zu beanstanden. Wenn das BfJ zu dem Ergebnis kommt, dass ein Widerrufsgrund vorliegt, fordert das BfJ die Einrichtung auf, innerhalb von drei Monaten die festgestellten Mängel zu beseitigen. Kommt die Streitbeilegungsstelle oder ihr Träger dieser Aufforderung nicht nach, wird die Anerkennung als Verbraucherschlichtungsstelle widerrufen. Als Folge des Widerrufs wird die Einrichtung von der Liste der Verbraucherschlichtungsstellen gestrichen.

Um das weitere Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen festzustellen, kann das BfJ eine Überprüfung der Anerkennung sowohl anlassbezogen als auch in regelmäßigen Abständen durchführen. Anlässe können veränderte Umstände sein, die für die Anerkennung maßgeblich waren. Sie können sich beispielsweise aus den Berichten der Verbraucherschlichtungsstellen oder aus Hinweisen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie sonstiger Dritter ergeben.

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