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Grenzüberschreitende Amts- und Rechtshilfe

Das Bundesamt für Justiz als Zentrale Behörde Deutschlands nimmt zum Schutz von Kindern Aufgaben im Rahmen der grenzüberschreitenden Amts- und Rechtshilfe bei internationalen Sorgerechtsangelegenheiten nach der Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführung (Brüssel II b-Verordnung) und dem Haager Kinderschutzübereinkommen vom 19. Oktober 1996 (KSÜ) wahr. Die Zentralen Behörden arbeiten dabei auf Antrag der Zentralen Behörden eines anderen Mitgliedstaats, der zuständigen Behörden und Gerichte oder der jeweiligen Träger der elterlichen Verantwortung zusammen, um die Ziele der Brüssel II b-Verordnung und des KSÜ zu verwirklichen.

Ziel der internationalen Zusammenarbeit ist dabei der wirksame Schutz von Kindern insbesondere mittels Informationsaustausch zwischen den im Einzelfall zuständigen verantwortlichen Stellen, d. h. Behörden wie etwa Jugendämtern und Gerichten.

Das Bundesamt für Justiz unterstützt den Informationsaustausch nach Artikel 80 der Brüssel II b-Verordnung bei Sachverhalten unter EU-Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) insbesondere durch

  • die grenzüberschreitende Einholung von Berichten über die soziale Lage eines Kindes und seines Umfeldes (Einholung von Sozialberichten),
  • die Unterstützung bei Schutzmaßnahmen zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen (Meldung von Kindeswohlgefährdungen, Schutzmitteilungen),
  • den Austausch von Informationen zu laufenden Verfahren oder das Kind betreffende Entscheidungen, z. B. bei Fragen zur Übertragung/Übernahme des Sorgerechts oder der Überprüfung oder Neuregelung der Sorgerechtssituation.

Bei Sachverhalten außerhalb der Europäischen Union (einschließlich Dänemark) bestehen diese Befugnisse ebenfalls im Verhältnis mit Vertragsstaaten des KSÜ auf Basis von Artikel 32 und 34 KSÜ. Der jeweils aktuelle Stand der Vertragsstaaten findet sich – speziell auf Deutschland bezogen – in der Staatenliste auf der Internetseite des Bundesamts für Justiz (BfJ) sowie allgemein auf der Internetseite der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht.

Für die EU-Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) bestimmt die neue Brüssel II b-Verordnung, dass neue Ersuchen über die Zentralen Behörden übermittelt werden müssen (Artikel 78 Absatz 3 Brüssel II b-Verordnung). Die grenzüberschreitende Kommunikation zwischen Behörden auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung wird damit noch stärker als zuvor über die Zentralen Behörden kanalisiert. Das BfJ hat in diesem Zusammenhang auch Aufgaben übernommen, die in der Vergangenheit vom Internationalen Sozialdienst wahrgenommen wurden. Ausnahmen für direkte Kommunikation sind nur in besonders dringlichen Fällen im Rahmen akuter Kindeswohlgefährdungen vorgesehen (Artikel 80 Absatz 2 Satz 2 Brüssel II b-Verordnung). Auch die direkte Kommunikation zwischen den Gerichten nach Artikel 86 Brüssel II b-Verordnung bleibt davon unberührt.

Die Brüssel II b-Verordnung regelt im Vergleich zur vorhergehenden Fassung ausdrücklich, dass die vorzulegenden Informationen nicht nur das Kind selbst, sondern insbesondere auch die Situation eines Elternteils, eines Verwandten oder einer anderen zur Betreuung geeigneten Person betreffen können (Artikel 80 Absatz 1 Buchsstabe b Brüssel II b-Verordnung).

Des Weiteren enthält die neue Brüssel II b-Verordnung eine Frist für die Beantwortung von Ersuchen auf Informationsaustausch. Nach Artikel 80 Absatz 1 Brüssel II b-Verordnung werden die Informationen der ersuchenden Zentralen Behörde spätestens drei Monate nach Eingang des Ersuchens bei der ersuchten Zentralen Behörde übermittelt, es sei denn, dass dies aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht möglich ist.

Als Zentrale Behörde kann das BfJ auch andere Behörden oder Einrichtungen einschalten, wie z. B. Jugendämter, die Berichte über die soziale Lage und die aktuelle Lebenssituation des Kindes und seines Umfeldes erstatten, beispielsweise auch durch Hausbesuche und Gespräche mit den Verantwortlichen.

Nach Artikel 80 Brüssel II b-Verordnung oder Artikel 32 KSÜ i. V. m. § 9 Absatz 1 Nummer 1 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes (IntFamRVG) unterstützen in aus dem Ausland eingehenden Verfahren deutsche Jugendämter die Zentrale Behörde. Die Jugendämter werden bei aus dem Ausland eingehenden Gefährdungs- und Schutzmitteilungen entsprechend seitens des Bundesamts für Justiz informiert.

Für inländische Stellen wie Jugendämter und (Familien-)Gerichte kann das Bundesamt für Justiz Informationen an zuständige Stellen im Ausland weitergeben oder über die jeweils zuständigen Zentralen Behörden im Ausland dort evtl. vorliegende Informationen einholen. So können bei Auslandsbezug etwa Schutz- und Gefährdungsmitteilungen an die Zentrale Behörde des ersuchten Vertragsstaates übermittelt werden, insbesondere zur Meldung einer befürchteten oder konkret andauernden Kindeswohlgefährdung. Ebenso können zuständige deutsche Stellen über das Bundesamt für Justiz im Ausland um hier erforderliche Informationen bitten. So können Hintergrundinformationen erfragt werden oder Angaben verifiziert werden, etwa wenn die Sorgerechtssituation zu klären oder zu überprüfen ist.

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